Die Hofkapelle von Maximilian I. zwischen Kunst und Politik

FWF-Einzelprojekt P28525
Projektlaufzeit: 2016–2019

Leitung: DDr. Grantley McDonald

 

Dieses Projekt hat als Ziel die erste umfassende Darstellung der Hofkapelle Maximilians I., einer der bedeutendsten musikalischen Einrichtungen um 1500 in Europa. Frühere Studien zur maximilianischen Hofkapelle berücksichtigen nur einzelne Details oder eingeschränkte archivalische Bestände. Oft wurde auch der neueste Forschungsstand zum Hof Maximilians oder zur höfischen Kultur nicht miteinbezogen. Das vorliegende Projekt führt zunächst die bestehende musikwissenschaftliche Forschung über die Hofkapelle Maximilians mit Ergebnissen aus anderen Forschungsgebieten zusammen, so z.B. aus der Politikgeschichte die Struktur und das Alltagsleben in der Musikkapelle als administrative Einheit am kaiserlichen Hof; oder aus der Kunstgeschichte Maximilians Liebe zum Spektakel und Zeremoniell, mit dem er seine kaiserliche Macht zur Geltung brachte.

Das Projekt wird auch eine Prosopographie (eine biographische Datenbank) aufbauen, die sämtliche Sänger, Organisten und Komponisten im Dienst von Maximilians Kapelle umfasst. In dieser Datenbank werden nicht nur neue und diplomatisch getreue Transkriptionen aller bisher publizierten Dokumente zugänglich gemacht (bisher sind diese oft nur unvollständig oder fehlerhaft publiziert). Es werden auch neue Archivmaterialien präsentiert, die bislang von der Musikwissenschaft nicht systematisch ausgewertet wurden. Dazu gehören Archive in Osteuropa. Wenn auch die Daten zu den meisten Sängerpersönlichkeiten unvollständig sind, so ermöglicht eine große Menge von Archivalien generelle Muster und Tendenzen zu erkennen. Auf dieser Basis können etwa Fragen wie die lokalen und soziale Herkunft der Kapellsänger, ihre Rekrutierung, ihr Unterricht und ihre Karriereverläufe, ihre außermusikalische Erziehung und Anstellung innerhalb der kaiserlichen Administration, die finanziellen Grundlagen zur Unterstützung der Aktivitäten der Kapelle oder das Schicksal einzelner Kapellmitglieder nach dem Tod Maximilians im Jahr 1519 diskutiert werden. Die systematische Untersuchung und Beschreibung von visuellen Repräsentationen der Aufführungen der Hofkapelle bei Messen, Reichstagen und anderen offiziellen Ereignissen sollen Rückschlüsse darüber geben, wie die Kapelle im kaiserlichen Zeremoniell zur Imagebildung eingesetzt wurde. Außerdem sind wertvolle Informationen über die Aufführungspraxis der Zeit zu erwarten.

Zur Auffindung der relevanten Dokumente wird die online Datenbank Regesta imperii genützt, die die Bestände zum kaiserlichen Hof in österreichischen und deutschen Archiven verzeichnet. Umgekehrt sollen Informationen aus anderen Archiven, die im Rahmen des Projekts aufgearbeitet werden, in diese Datenbank integriert werden. Auch die prosopographischen Daten werden in eine bereits bestehende größere Datenbank eingehen. Diese umfasst alle Sänger der Zeit und ist an dem Centre d’Études Supérieures de la Renaissance (Tours) angesiedelt. Somit wird sichergestellt, dass die neugewonnenen Informationen vielseitig ausgewertet werden.