Tragicommedia per musica, Strafspiel und musikalische Vertonung des Satirischen in dramatischen Vokalwerken (ca. 1700-1750)

Advanced Postdoc.Mobility Projekt (Schweizerischer Nationalfonds, SNF 177750)
Projektlaufzeit: 2018–2020

Stipendiat: Dr. des. Livio Marcaletti (liviomarcaletti@alice.it)
Gastprofessor: Univ.-Prof. Dr. Michele Calella  

Die historische Musikwissenschaft neigt dazu, die Operngeschichte des frühen 18. Jahrhunderts als Gegenüberstellung des Dramma per musica als Nachahmung der Tragödie glücklichen Endes und der komischen Gattungen (Opera buffa, Intermezzi), ohne dazwischenliegende Genera mixta zu berücksichtigen, die sich auf die Tragikomödie und die Satire beziehen. Von dem abgeschlossenen Projekt Tragicommedia in musica. Entstehung, gattungsbezogene Merkmale und Wirkung der ‚genera mixta‘ vor Metastasio (ca. 1690–ca. 1730) ausgehend, ist es das Ziel des vorliegenden Forschungsvorhabens, das Vorhandensein eines satirischen Stils in der musikalischen Vertonung dieser Tragikomödien nachzuweisen. Eine solche Dreiteilung ist tatsächlich in Schriften deutschsprachiger Autoren des 18. Jahrhunderts wie etwa Johann Mattheson und Johann Adolph Scheibe erwähnt. Die moderne Musikwissenschaft hat sich bis jetzt jedoch darauf beschränkt, vor allem die instrumentalen Werke Georg Philipp Telemanns nach diesen Angaben zu analysieren. Es fehlt daher eine systematische Studie über den Stil der Vertonung tragikomischer Libretti in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts, inbesondere in Bezug auf Wiener Tragikomödien von Francesco Bartolomeo Conti (zu deren Wiederaufführung in Hamburg Mattheson selbst beigetragen hatte) und zeitgenössischer Werke italienischer und deutscher Komponisten. Anhand der Anregungen der Topic Theory sowie der musikästhetischen, semiotischen und literaturwissenschaftlichen Forschung über Parodie und Satire werden die kennzeichnenden Stilelemente der satirischen musikalischen Vertonung und ihre Topoi identifiziert sowie ihre Unterscheidbarkeit vom Komischen tout court herausgearbeitet. Auf diese Weise ist es möglich, das vorausgegangene Projekt über tragikomische Libretti durch die Analyse ihrer Vertonungen zu vervollständigen.