Ein Semester Katalonien: Studium an der Universitat Autònoma de Barcelona
Stefan Altenriederer (MA-Student der Musikwissenschaft) verbrachte das Sommersemester 2017 im Rahmen des Erasmus+-Programms an der Universitat Autònoma de Barcelona. Zurück an der Universität Wien berichtet er über seine dortigen Eindrücke – mit praktischen Anregungen!
Im Sommersemester 2017 begann ich mein Erasmus-Semester an der Universitat Autònoma de Barcelona. Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich im vierten Semester meines musikwissenschaftlichen Bachelor-Studiums.
Vorbereitungen, Wohnsituation und Kosten
Die Vorbereitungen für meinen Auslandsaufenthalt waren rechtzeitig getroffen, auch dank der Hilfe meines Erasmus+-Koordinators. Zuvor musste ich (alternativ!) einen Spanisch- oder Katalanisch-Nachweis (Sprachniveau: B1) erbringen, wobei ich mich für Spanisch entschied. Dies stellte kein Problem dar, da ich fließend Spanisch spreche. Jedoch weiß ich von anderen Studierenden, welche Spanischunterricht in der Schule hatten, dass diese Prüfung keine große Herausforderung darstellt.
In Barcelona angekommen, fuhr ich direkt in meine Wohnung, welche ich über Facebook gefunden hatte. Es gibt Unterkünfte am Campus, welche von der Universität angeboten werden. Da der Campus jedoch 40 Minuten vom Stadtzentrum entfernt ist und ich direkt in Barcelona wohnen wollte, nahm ich den täglichen Zug in Kauf. Ein weiteres Problem bei den Unterkünften am Campus ist, dass die Züge am Wochenende nur bis Mitternacht unterwegs sind, wodurch sich gewisse Schwierigkeiten mit der Freizeitplanung ergeben könnten. Mein Zimmer in Barcelona war nicht besonders groß (13m2). Es gab jedoch zusätzlich ein Wohnzimmer und einen Balkon, wie bei den meisten Wohnungen in Barcelona.
Für meine Wohngemeinschaft habe ich während des ganzen Aufenthalts (Februar bis Juni) insgesamt ca. 2200 € bezahlt. Ich hatte drei wunderbare Mitbewohner aus verschiedenen Ländern (Polen, Italien, Deutschland). Für die Universität zahlt man keine Gebühren, weil diese über die Erasmus+-Kooperation der Universität Wien gedeckt sind.
Öffentliche Verkehrsmittel und Universitätscampus
Wenn man in Barcelona leben will, muss man die bereits erwähnte, 40-minütige Hinfahrt zur Universität in Kauf nehmen. Züge fahren jedoch regelmäßig (alle 15 Minuten) von verschiedenen Stationen in der Stadt. Das Pendeln zwischen der (Innen-)Stadt und dem Universitätscampus sollte also kein Hindernis darstellen. Die Zugtickets waren allerdings recht teuer (142 €), da die Universität während meines Aufenthalts vor Ort noch in der „zweiten Zone“ der Metro lag. Dies wurde aber, wie ich kürzlich auf der Homepage gesehen habe, inzwischen geändert: Die Universitat Autònoma liegt jetzt in der „ersten Zone“, und die Tickets sind dementsprechend viel preiswerter (105 €). Gute Sache!
Das Gelände der Universität ist riesig. Es gibt verschiedene preisgünstige Restaurants, in jedem kostet ein Mittagessen rund fünf Euro. Was das Freizeitprogramm betrifft, kommen Sportangebote, Orchester, Tischtennisplatten etc. hinzu. Ich hatte zwei Tage in der Woche längere Pausen zwischen den Vorlesungen und habe diese immer am Campus verbracht. Das Wetter ist hier natürlich herrlich, und es gibt auch zahlreiche Grünflächen, auf denen man sich meist für Gruppenarbeiten trifft. Es wird manchmal auch gegrillt, oder eine große Paella gemacht. Die Katalanen sind sehr gemütlich, und es gibt auch super günstiges Bier in jedem Restaurant für die Zeit nach der Vorlesung.
Kursanmeldung und sprachliche Herausforderungen
Die Anmeldung zu den Lehrveranstaltungen war recht zeitintensiv. Aufgrund des großen Campus’ muss man sich erstmal zurechtfinden. Aber wenn man die zuständigen Personen nach langem Hin und Her einmal gefunden hat, funktioniert alles doch recht gut. Die Anmeldung für die Kurse erfolgt schriftlich und muss von dem zuständigen Institut genehmigt werden. Dann wird man eingetragen und erhält einen Online-Zugang für das universitäre System.
Ein Problem war, dass es keine/n permanent zuständige/n Erasmus+-Koordinator/in als Ansprechpartner/in vor Ort gab, da diese Position monatlich rotiert. Die „Muwis“ auf der Universitat Autònoma de Barcelona sind sehr freundlich und waren sehr begeistert, dass ich aus Wien komme, natürlich aufgrund der Stadt, der Geschichte und wegen unseres Instituts. Viele baten mich vor Ort um Übersetzungshilfe im Umgang mit deutscher Literatur. Die Professoren sind sehr hilfsbereit, und die Teilnehmerzahl in den Kursen liegt bei ca. 20 Personen – also eine angenehme Gruppengröße. Die meisten Kurse sind auf Katalanisch, ein paar sind auf dem Lehrplan als spanische ausgegeben. Bei diesen wird dann jedoch oft trotzdem Katalanisch gesprochen; wenn man den Professor oft genug erinnert, dass man es nicht spricht, wechselt er auf Spanisch – um dann wieder auf Katalanisch weiterzusprechen. Aus meiner Sicht ist dies ein Vorteil: Man lernt Katalanisch; es sollte kein Problem sein, diese Sprache zu verstehen, wenn man ein wenig Französisch und Spanisch beherrscht. Die Universität fördert es zudem, wenn man Katalanisch lernen will, da man einen Gratis-Sprachkurs bekommt. Lediglich eine unangenehme Erfahrung gab es diesbezüglich: Wir hatten Prüfung, und der Professor hatte nur Prüfungsbögen auf Katalanisch und keine auf Spanisch, obwohl der Kurs in Spanisch gehalten worden war.
Orchester, Kurse und Prüfungen
Ich war Mitglied im Universitätsorchester. Dort wurde ich besonders freundlich aufgenommen. Die Arbeitssprache im Orchester war natürlich ausschließlich Katalanisch, was mit der Zeit kein Problem mehr für mich war, weil die Zahlen wie im Französischen sind und man zumindest weiß, welchen Takt man spielen muss.
Als „Incoming“-Student wurde ich sehr nett aufgenommen. In den ersten Wochen gab es diverse Veranstaltungen und Essen, bei denen man sich kennen lernen konnte. Die Katalanen sind unglaublich freundlich und wollen einem unbedingt ihre Sprache und ihre Kultur näherbringen.
Insgesamt habe ich inklusive Orchester 20 ECTS (im Rahmen von drei Kursen) gemacht. Daneben besuchte ich einen Katalanisch-Kurs und spielte im Orchester. Jeder Kurs hatte sechs ECTS, und es gab sogenannte „Midterms“ (Zwischenprüfungen im Semester). Also hatte ich für jeden Kurs zwei Arbeiten zu je zehn Seiten und zwei Prüfungen zu absolvieren. Das klingt schlimmer als es tatsächlich ist, denn die Professoren gehen gut auf die Studierenden ein und sind sich der sprachlichen Schwierigkeiten insbesondere internationaler Gäste bewusst. Ein Professor bestand sogar darauf, dass ich meine Arbeit auf Deutsch schreibe, weil er so lange keine deutschsprachige Arbeit mehr korrigiert habe.
Ansonsten gab es an der Universität noch verschiedene Angebote zu reisen. Dazu zählte im Februar beispielsweise das Angebot, in den Pyrenäen Schifahren zu gehen; zudem wurden Ausflüge nach Montserrat, nach Valencia, nach Sitges zum Karneval etc. angeboten. Es war also für jede/n etwas dabei und sehr empfehlenswert.
Barcelona ist im Rahmen meines Studienaufenthalts vor Ort zu meiner absoluten Lieblingsstadt geworden, und ich habe jede Minute, die ich dort hatte, genossen.
Stand: 18. März 2019