Ein Semester Irland: Studium an der Maynooth University
Flora Riezinger (BA-Studentin der Musikwissenschaft) absolvierte im Wintersemester 2017/18 einen Studienaufenthalt an der Maynooth University. Gefördert wurde sie dabei im Erasmus+-Programm der Europäischen Union. Nachfolgend finden Sie ihren Erfahrungsbericht.
Ein Semester an der Maynooth University: Nachdem alle Formalia erledigt waren – English Certificate für das Sprachniveau B2, Bewerbung am Institut für Musikwissenschaft –, ging es am 10. September 2017 endlich los nach Irland.
Ankunft, Wohnen und Kosten
In Maynooth kam ich bei typisch regnerischem Wetter an. Gleich bei der Busstation standen StudentInnen, die uns in Gruppen zum Campus brachten. Im Turnsaal bekamen wir unsere Apartment-Infos und wurden dann dorthin begleitet.
Die Apartments befinden sich im hinteren Teil vom Nordcampus; die sogenannten „River-Apartments“ bestehen aus mehreren Häusern, welche jeweils zwei Stockwerke haben. Pro Stock gibt es zwei Wohnungen. Eine Wohnung teilt man sich mit vier bis sechs Personen. Dabei hat jede/r ein eigenes Zimmer mit Bad. Geteilt werden die Küche und das Wohnzimmer. Ich wohnte mit drei Amerikanerinnen und einer Deutschen zusammen. Das Tolle an dieser Wohnmöglichkeit ist, dass sehr viele Internationale direkt in der Nähe leben. So kommt es oft zu gemütlichen Filmabenden, gemeinsamem Kochen usw.
Für die Campus-Apartments gilt ein First come, first served-Prinzip – man sollte sich also rechtzeitig darum kümmern. Außerdem gibt es Plattformen, wo lokale Familien Zimmer anbieten. Eine Facebook-Seite für internationale Studierende bietet ergänzend eine Austauschmöglichkeit für mögliche WG-Gründungen. Zu alledem erhält man nach der fixen Zusage für den Erasmus-Aufenthalt eine E-Mail des International Office mit allen wichtigen Details.
Für den Zeitraum des Wintersemesters (September bis Jänner) habe ich für das Apartment insgesamt fast 3.000 € gezahlt. Für die Uni selbst zahlt man aufgrund des Erasmus+-Stipendiums keine Gebühren. Obwohl das Semester für Internationale schon vor Weihnachten vorbei ist (regulär dauert es bis Jänner), hat man das Zimmer bis Jänner und kann die verbleibende Zeit somit zum Reisen nutzen. Die Lebenshaltungskosten sind in Irland ähnlich wie in Österreich. Es gibt zwischen Süd- und Nordcampus einen Aldi, wodurch man gut noch nach der Uni einkaufen kann. Geschäfte sind in Irland auch am Sonntag geöffnet.
Kontakte und Kurse an der Maynooth University
Die Maynooth University kümmert sich hervorragend um ihre internationalen StundentInnen. In der ersten Semesterwoche gab es eine „Orientation week“ mit Campusführungen, „Scavengerhunt“ (Schnitzeljagd über den Campus und im Ort), gratis Burger-Essen, Taschen mit Infomaterial und kleinen Geschenken, Vorstellrunden von der Student Union, Welcome Parties, Spaziergängen durch Dublin usw. Diese Aktivitäten sind nicht verpflichtend, aber auf jeden Fall empfehlenswert. Ich habe dort meine Clique für das Semester gefunden.
Während des Semesters sind die ProfessorInnen meist sehr hilfreich. In Maynooth gilt ein sehr kollegialer Umgangston zwischen StudentInnen und ProfessorInnen. Iren sind generell die freundlichsten und hilfsbereitesten Menschen, die ich je kennengelernt habe, und dies spiegelt sich auch im Universitätsalltag.
Die Anmeldung für die Kurse stellte sich als etwas schwieriger heraus. Vorsicht – es gibt in Maynooth zwei Bachelor-Studiengänge für Musik: Zum einen „Musicology“ (Musikwissenschaft), andererseits „Music Technology“ (Musiktechnologie). Dies ist in der Kursauswahl für die Internationalen nicht angegeben, und man kann sich für Kurse beider Studiengänge anmelden. Dabei hört sich „Sound Design“ oder „Introduction to Music Technology“ sicher sehr interessant an. Wer aber noch nie in diese Richtung gearbeitet hat oder systematische Musikwissenschaft nicht vertieft studiert, dem rate ich von solchen Kursen ab. Denn der Stoff baut oft auf dem des vorherigen Semesters auf und ist sehr anspruchsvoll. (In Maynooth studiert man im Jahrgangsverbund, somit können Kursinhalte auch über mehrere Semester angelegt sein.) Rücksicht auf internationale Studierende habe ich dabei kaum erfahren und im Endeffekt keinen der Kurse aus dem Bereich „Music Technology“ abgeschlossen.
Schließlich belegte ich „Introduction to Composition“, wo wir tatsächlich kleine Stücke komponieren mussten. Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Music & History“ wurde mir erst bewusst, wie wichtig die Stadt Wien für die Musikgeschichte ist. Der Kurs „Music & Identity“ ging mit Interviews von lokalen Musikern in Pubs zu traditioneller irischer Musik einher.
Auf jeden Fall empfehlenswert ist ein Gälisch-Kurs. Es geht dabei gar nicht darum, perfekt die Sprache zu lernen, sondern hauptsächlich die Kultur besser kennenzulernen und mit Spaß einige Vokabeln zu lernen. Die Lehrer sind dabei selbst noch sehr jung und kommen aus einer Gegend, wo Gälisch noch gesprochen wird. Die Prüfung am Ende war nicht schwer. Alle Kurse, inklusive Gälisch, wurden mir in Wien (20 ECTS) angerechnet.
Studienalltag
Den Uni-Alltag in Irland muss man sich etwas anders als in Österreich vorstellen. Es ist eine Art Mischung aus Uni und FH. Bei allen Kursen, auch Vorlesungen, besteht Anwesenheitspflicht. Wenn man öfters fehlt, muss eine ärztliche Bestätigung gebracht werden. (Es gibt auch ein Medical Center am Campus.)
Oft finden Kurse mehrmals pro Woche statt. In so gut wie jedem Fach muss man mehrmals im Semester Essays, Recherchen, Kompositionsaufgaben usw. abgeben. Meist gibt es pro Kurs zwei ProfessorInnen, die jeweils Abgaben verlangen. Zusätzlich hat man am Ende noch eine Prüfung. Für internationale Studierende, die nur ein Semester bleiben, muss statt der Prüfung ein längeres Essay verfasst werden. Ich habe somit allein in „Music & History“ in einem Semester drei Seminararbeiten geschrieben; die erste im Umfang von drei Seiten, die späteren mit jeweils 15 Seiten. Im Musikinstitut gibt es Proberäume mit Klavier. Man kann sich dafür im Sekretariat anmelden oder einfach hingehen und hoffen, dass etwas frei ist.
Studentenleben in Maynooth
Maynooth ist ein Ort mit ca. 15.000 Einwohnern und hat beinahe genauso viele StudentInnen. Daher zeichnet sich der doch sehr kleine Ort durch ein lebendiges Studentenleben aus. Es gibt Pubs, Bars, Fastfood-Läden, und auch einkaufstechnisch findet man alles, was man braucht. Sollte dies dann doch mal nicht reichen, gelangt man mit dem Zug oder dem Bus in ca. einer halben Stunde nach Dublin.
Da Maynooth klein und die Uni verhältnismäßig groß ist, stellt sich schnell das Gefühl ein, der Ort bestehe zur Gänze aus dem Campus. Dort selbst gibt es eine Bar (Maynooth Student Union), ein Geschäft, eine große Sporthalle, ein gratis Fitnessstudio, mehrere Essmöglichkeiten und Räume um sich zu treffen oder zu lernen. (Informationen zum Campus-Leben vor Ort: https://www.maynoothuniversity.ie/campus-life)
Zudem bietet die Universität ein umfangreiches Freizeitprogramm an (Weiteres dazu: https://msulife.ie/clubssocs/club), darunter zahlreiche Sportmöglichkeiten von Gaelic Football bis Tanzen. Die sogenannten „Societies“ treffen sich einmal pro Woche und organisieren unterschiedlichste Aktivitäten im Bereich Drama, Musical, Hogwarts, Disney, Rotes Kreuz, International Society und vieles mehr. Die Gruppe „Drama“ erarbeitet zum Beispiel kleine Improvisationsspiele und Sketches; bei „Hogwarts“ und „Disney“ werden Filmabende angeboten. Das Freizeitangebot ist eine perfekte Möglichkeit, um irische StudentInnen kennenzulernen, da man sonst doch eher mit anderen Austauschstudierenden unterwegs ist.
Die International Society bietet über das Semester hinweg öfters Ausflüge nach Galway, Belfast usw. an. Ich habe solche Reisen jedoch immer allein mit Freunden unternommen. Irland besitzt ein gutes Fernbussystem, und so kommt man von Dublin aus gut überall hin. Auch wenn der Linksverkehr eine Herausforderung ist, würde ich zumindest einmal ein Auto mieten, um Gegenden zu erkunden, die öffentlich nicht so gut erreichbar sind (z.B. Ring of Kerry). Zudem gibt es Orte, die man gut von Maynooth aus an einem Tag erkunden kann, wie Glendalough oder Bray.
Stand: 22. September 2018