Praktikum am Max-Reger-Institut in Karlsruhe

Matthias Guschelbauer (4. Sem., B.A. Musikwissenschaft) absolvierte ein Praktikum mit dem EU-Programm Erasmus+ und berichtet hier über seine Erfahrungen.

Auf einen Blick

Zeitraum: 17.01.2019 bis 17.03.2019

Arbeitszeit: 35 Wochenstunden

Kosten: 300 € Miete pro Monat plus Lebenshaltungskosten

Praktikumszuschuss: 457,50 € pro Monat

Weitere Informationen: https://international.univie.ac.at/student-mobility/outgoing-students/erasmus-praktikum/

Eindrücke aus dem Praktikantenalltag

Erfahrungsbericht von Matthias Guschelbauer:

Nachdem ich den Entschluss gefasst hatte, ein freiwilliges Erasmus+-Praktikum zu machen, fiel mir die Wahl der Institution nicht schwer: Ich schätze die Musik Max Regers sehr und wollte meine erste Arbeitserfahrung im musikwissenschaftlichen Bereich in Zusammenhang mit der Erforschung seines Lebens und Schaffens machen. Nach einem kurzen und unkomplizierten Telefonat mit einem Mitarbeiter des Max-Reger-Instituts, in dem mir mitgeteilt wurde, dass sich das Institut über freiwillige Praktikanten sehr freue, war mein Vorhaben beschlossene Sache. Die restliche Planung des Praktikums war relativ einfach; im Mai 2018 fand das Telefonat mit dem Reger-Institut statt; im Sommer hatte ich einen Termin mit der Studienprogrammleitung, um die Studienrelevanz des Praktikums zu besprechen; Ende Oktober war das Learning Agreement fertig ausgefüllt, und Ende November bekam ich die Zusage für ein Zimmer in einem Studentenwohnheim in Karlsruhe. Die Zeit danach verging wie im Flug, und nach einer zehnstündigen Odyssee kam ich mit dem Bus in Karlsruhe an. 

Meine Arbeit im Max-Reger-Institut

An meinem ersten Arbeitstag war ich verständlicherweise etwas nervös und sehr gespannt auf die Arbeit und die Kollegen, mit denen ich die folgenden zwei Monate zusammenarbeiten würde. Die Nervosität war zum Glück unbegründet, denn die anderen Mitarbeiter waren von Anfang an sehr freundlich und kollegial zu mir und freuten sich, dass ein junger Musikwissenschaftler extra aus Wien angereist war, um sie bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Im ersten Monat meines Praktikums habe ich im Max-Reger-Institut gearbeitet, nach der Hälfte der Zeit bin ich zu den Kollegen der Reger-Werkausgabe gewechselt. Die Reger-Werkausgabe ist ein wissenschaftliches Projekt, an dem der Großteil der Mitarbeiter des Instituts mitwirkt. Dieser Wechsel war mir sehr wichtig, denn ich wollte unbedingt einen Einblick in verschiedene Tätigkeitsfelder eines Musikwissenschaftlers bekommen. 

Zu meinen Aufgaben im Max-Reger-Institut gehörte vor allem die Arbeit im Archiv. Daneben musste ich täglich eintreffende Anfragen von Forschern und Interessierten per E-Mail beantworten, die um Aufsätze oder Quellen zu den verschiedensten Aspekten rund um Reger baten, die alle in der umfangreichen Bibliothek des Instituts gesammelt werden. Die Arbeit im Archiv war gleichermaßen abwechslungsreich und spannend: Ich habe dort neue CDs mit Werken von Reger im Tonträgerarchiv katalogisiert, noch nicht erschlossene Briefe der Witwe Max Regers, Elsa Reger, erfasst (und teilweise versucht sie zu transkribieren), Rezensionen und Bücher in den Bibliothekskatalog eingetragen, eine Dienstreise eines Kollegen nach Prag vorbereitet und den musikalischen Nachlass von Freunden des Instituts durchgesehen und ausgewertet. Dabei sind wir neben Notendrucken mit Schenkungsvermerken Elsa Regers auch auf einen Klavierauszug von Hans Pfitzners Palestrina mit handschriftlichen Eintragungen des Komponisten gestoßen.

Außerdem habe ich Auktionskataloge auf Reger-Briefe und -Manuskripte hin durchgesehen, mit einem anderen Praktikanten Erstdrucke erfasst und im Archiv geordnet, eine wöchentliche Tweet-Reihe geplant, die Interessierten Hörern die Klanggalerie des Instituts näher bringt, das Programm des Frühlingkonzerts am Institut geplant und vieles, vieles mehr.

Darüber hinaus habe ich gemeinsam mit meinem Mentor eine Präsentation für Frau Professor Popp, die Institutsleiterin, vorbereitet, die sie anlässlich einer Reger-Konzertreihe in Moskau gehalten hat. Wir haben zeitweise auch in der Badischen Landesbibliothek zu tun gehabt, wo Regers Autographe verwahrt werden. Auch wenn ich leider keinen Zutritt zum Tresor hatte, durfte ich doch zumindest mit originalen Briefen von Reger arbeiten. Zu meiner großen Freude hatte ich in meiner letzten Woche dann doch noch die Gelegenheit, ein Notenmanuskript Regers, das kurz zuvor erworben worden war, zu scannen und zu katalogisieren.

Zu meinen Highlights des ersten Monats gehört unter anderem der Besuch der Stuttgarter Antiquariatsmesse, wo wir zwischen Autographen von Richard Wagner, Briefen von Friedrich dem Großen von Preußen und Erstdrucken einiger Kompositionen von Joseph Haydn nach Briefen von Max Reger Ausschau gehalten haben.

Meine Arbeit bei der Reger-Werkausgabe

Im Rahmen der Reger-Werkausgabe (RWA) werden seit 2008 Max Regers Kompositionen nach wissenschaftlich-kritischen Standards neu publiziert. Dabei ist die Edition in ihrer hybriden Form einzigartig: Neben dem gedruckten Notentext erhält der interessierte Leser auch eine DVD, die viele Informationen rund um die Werke und ihren Entstehungskontext bereithält.

Ich wechselte zur denkbar „heißesten Phase“ des Projekts zur RWA: Ende der Woche sollte der aktuelle Band, an dem seit mehreren Monaten gearbeitet wurde, beim Verlag eingereicht werden. Ich musste den gesamten Notentext auf alle möglichen Fehler hin durchsehen. Dabei habe ich die DVD genützt, um die verschiedenen Quellen miteinander zu vergleichen und mögliche Notensatzfehler zu erkennen. Auch den kritischen Bericht, dem man nur mit hoher Konzentration folgen kann, musste ich Korrektur lesen. Mitunter war dies die spannendste Zeit meines Praktikums. Zu sehen, was es bei der Einreichung zum Druck alles zu beachten gilt, war eine aufschlussreiche Angelegenheit.

Nachdem die Korrekturabzüge beim Verlag waren, ging es entspannter weiter: Meine Kollegen konnten sich nun die Zeit nehmen, mir die Aufgaben und Arbeitswerkzeuge genauer zu erklären. Nach Abgabe des Notentextes war das nächste Ziel, die zum Band gehörende DVD mit den Zusatzinformationen fertigzustellen. Im Zuge dessen habe ich diverse Artikel zu Textdichtern, Interpreten und Aufführungsorten aus dem Umkreis Regers geschrieben. Diese Arbeit war mir schon vertrauter als das Korrekturlesen, da sie im Grunde der Vorbereitung eines Referats gleichkam. Doch auch hier konnte ich viel Neues lernen: Meine Kollegen haben mir Tipps und Tricks verraten, wie man effektiv recherchiert um einen hochwertigen wissenschaftlichen Text zu verfassen. Nachdem ich einen Text geschrieben hatte, musste ich die Datei noch in XML codieren. Diese ersten Erfahrungen im digitalen Bereich haben mein Interesse geweckt und mich dazu angespornt, mich im darauffolgenden Sommersemester für die entsprechende Lehrveranstaltung zur digitalen Musikwissenschaft anzumelden.

Freizeit

Karlsruhe als „kleine Großstadt“ bietet die perfekte Mischung aus Stadt und Natur: Ich hatte das Glück, in einem Studentenwohnheim in der Oststadt zu wohnen, das an einen Wald grenzte. Durlach, der kleine Ort, in dem das Reger-Institut ansässig ist, liegt etwas außerhalb der Fächerstadt Karlsruhe und hat ein schönes mittelalterliches Flair. Da mein Praktikum von Mitte Jänner bis Mitte März dauerte, hatte ich die Gelegenheit, im Februar den Fasching und die Paraden in Karlsruhe und Durlach mitzuerleben, die dort groß und ausgelassen gefeiert werden.

Die Wochenenden boten sich an, auch die Umgebung meines „exotischen“ Erasmus-Landes zu erkunden. Neben Ausflügen in die nähere Umgebung wie Stuttgart, Heilbronn und Heidelberg waren vor allem meine Reisen nach Straßburg, Zürich und Basel wunderschön.

Fazit

Ich kann allen Mitstudierenden wärmstens empfehlen, ein Erasmus+-Praktikum zu absolvieren. Denn neben dem Aspekt, Arbeitserfahrung zu sammeln und einen Einblick in renommierte Forschungseinrichtungen zu bekommen, ist es eine wunderbare Möglichkeit, neue Menschen kennenzulernen, Kontakte zu knüpfen und über seinen Schatten zu springen.