August Wilhelm Ambros in Wien: Musikaufsätze und -rezensionen 1872-1876

FWF Lise-Meitner-Projekt M 1658
Projektlaufzeit: 2014–2017

Projektleitung und Durchführende: Dr. Markéta Štědronská
in Verbindung mit Univ.-Prof. Dr. Birgit Lodes


Das Editionsprojekt setzt sich zum Ziel, alle musikbezogenen Wiener Aufsätze und Rezensionen von August Wilhelm Ambros (1816–1876) in einer historisch-kritischen Ausgabe zugänglich zu machen. Es handelt sich um Beiträge, die Ambros nach seiner Übersiedlung von Prag nach Wien hauptsächlich für die Wiener Zeitung geschrieben hat. Sie spiegeln das Wiener Musikleben der 1870er Jahre wider und stellen eine Art Vollendung von Ambros’ lebenslanger musikkritischer, -ästhetischer und -historischer Arbeit dar. Die mit umfassenden Erläuterungen und einem Personen- und Werkregister versehene Ausgabe soll zum Pendant der entstehenden Edition von Marta Ottlová (Ambrosʼ Prager Musikaufsätze und -rezensionen) werden, darüberhinaus soll sie eine Grundlage für eine komplexe inhaltliche Auswertung der edierten Texte schaffen.

Die Wiener Aufsätze und Rezensionen von Ambros sind nicht nur als Abschluss von dessen musikschriftstellerischer Tätigkeit, sondern auch als letzte Phase des zwischen ihm und Eduard Hanslick geführten musikästhetischen Diskurses zu verstehen. Insofern geben sie Antwort auf die bisher offene Frage, wie sich dieser Diskurs, der Mitte der 1850er Jahre mit Hanslicks Traktat Vom Musikalisch-Schönen und mit Ambros' polemischer Antwort darauf in den Gränzen der Musik und Poesie eröffnet wurde, unter dem Einfluss der Musikereignisse der 1870er Jahre, also u.a. Vorbereitungen auf Wagners Gesamtkunstwerk der Zukunft, Aufführungen von Liszts Programmmusik, Aufkommen der Instrumentalmusik von Brahms, entwickelt hat. Sie ermöglichen zu bestimmen, welche Position Ambros nach seiner Übersiedlung nach Wien im Umfeld einer formalistisch orientierten Philosophie und Ästhetik Österreichs tatsächlich, d.h. unabhängig von seiner 1855 veröffentlichten Polemik gegen Hanslick eingenommen hat. Nicht zuletzt kann anhand des zu edierenden Quellenmaterials die Existenz jener zu wenig beachteten Richtung der Wiener Musikkritik ausführlich dokumentiert werden, die völlig außerhalb des Parteienstreites zwischen Wagnerianern und Antiwagnerianern um eine möglichst objektive Herangehensweise bemüht war.