Filmmusik als Problem im deutschsprachigen Journalismus (1907–1930)
Filmmusik als Problem im deutschsprachigen Journalismus (1907–1930)
FWF-Einzelprojekt P 28792
Projektlaufzeit: 2016–2020
Projektleiter: Dr. Francesco Finocchiaro
Mitarbeiterin: Henriette Engelke, MA
Die Frage nach der Musik begleitet den Film seit seinen Anfängen. Was ist das Statut der Filmmusik? Welche Probleme wirft ihre Verwendung im Film auf? Was ist ihre Funktion? Bereits in der Stummfilm-Ära haben sich bedeutende Komponisten, Musikwissenschaftler, Filmtheoretiker und Philosophen an einer ausgedehnten Diskussion über die ungewisse Stellung der Filmmusik beteiligt. In Artikeln, Essays und Filmrezensionen, die in deutschsprachigen Film-Periodika sowie in musikwissenschaftlichen Zeitschriften erschienen, widmeten sie sich ästhetischen, theoretischen sowie auch kompositorischen Problemen der Filmmusik – mit unterschiedlichsten Akzentuierungen und Sichtweisen. Für diesen journalistischen Filmmusik-Diskurs interessiert sich das hier vorgestellte Forschungsprojekt.
Im Zentrum unseres Vorhabens steht die Untersuchung des Problems der Filmmusik in der Stummfilm-Ära anhand des zeitgenössischen Filmjournalismus. Diese auf historischen Quellen basierte Ästhetik der Stummfilmmusik zielt wesentlich darauf:
a) die Entwicklung der Debatte über Filmmusik von der Kompilationspraxis bis zur Herstellung des Tonfilms nachzuzeichnen; b) die Zirkulation der oftmals aus anderen Bereichen stammenden Ideen und Kategorien sowie die Umstände ihres Einsatzes in den Bereich der Filmmusik aufzuzeigen; c) den Einfluss von musikalischen bzw. musikästhetischen Kategorien auf die Filmästhetik zu beleuchten.
Projektinhalt ist zunächst die Auswertung ausgewählter deutschsprachiger Periodika, die von 1907 bis zum Beginn der 1930er-Jahre erschienen sind. Das Ergebnis der Dokumentation ist ein umfassendes Korpus publizistischer Text-Quellen, die in einer Datenbank erfasst werden sollen. Die Sammlung dieser Quellen bildet den ersten Schritt zu der im Forschungsprojekt parallel dazu geführten Untersuchung ästhetischer Sichtweisen aus der Zeit des Stummfilms. Die Untersuchung des Problems der Filmmusik soll in einer Monographie ausgearbeitet werden. Die Online-Datenbank wird den Dokumentationsteil dieser ästhetischen Abhandlung bilden und soll FachkollegInnen wie auch einer breiten interessierten Öffentlichkeit als frei zugängliches Nachschlagewerk dienen.
Die Auswertung der zeitgenössischen Filmmusikkritik wird einen neuen Ansatz im Bereich der Musikästhetik ermöglichen, der eine historische Perspektive einnimmt. In Betrachtung jener kritischen Quellen, die in der musikwissenschaftlichen Forschung noch immer eine marginale Stellung einnehmen, soll der Forschungsansatz zu einer Neubewertung der Ästhetik der Filmmusik führen. Das Potenzial von journalistischen Schriften als ästhetische und historische Quelle ist immens. Der journalistische Diskurs spiegelt die Zirkulation von Ideen und Fragen wider, die zentral für (kunst-) historische und philosophische Debatten sind. Ferner ist diesen Dokumenten sogar eine ästhetische Erfahrung von Musik inhärent: Die Filmmusik-Kritiken können aufgrund ihrer mannigfaltigen, konzeptuellen Verarbeitung der musikalischen Erfahrung als ästhetischer Diskurs per se gesehen werden.