Singing Maximilian – Musikalische und kulturelle Netzwerke am Hof und darüber hinaus

SFB F9200 ManMax, Teilprojekt 04    
Leitung: Univ.-Prof. Dr. Birgit Lodes 
Team: DDr. Grantley McDonald 
Projektlaufzeit: 2023–2027

English version

 

Singing Maximilian, ein Teilprojekt des FWF-Sonderforschungsbereichs Managing Maximilian (ManMAX), beschäftigt sich mit der Rolle von Musik und Musikern am Hof Maximilians I. Habsburg (1459–1519). Herrscher – sowohl in der Gegenwart als auch in der Geschichte – müssen ihre Autorität und ihr Charisma mit allen möglichen Mitteln darstellen und legitimieren. Im Gegensatz zu seinem Vater Friedrich III. reiste Maximilian regelmäßig durch seine Territorien und zeigte den Bewohner*innen seine Persönlichkeit durch sein kriegerisches Auftreten, durch seinen Appell an die alten Ideale des Rittertums, durch den geschickten Einsatz von Bildern in Farbe, Stein und Druck, durch literarische Darstellungen und durch die Musik.  

In einer Welt, in der es noch keine Tonaufnahmen gab, erregte jede in der Öffentlichkeit erklingende Musik Aufmerksamkeit. Komplexe Mehrstimmigkeit, insbesondere wenn sie von berühmten Sänger*innen oder Instrumentalist*innen vorgetragen wurde, war um 1500 durch ihre Seltenheit ganz besonders auffällig. Herrscher wie Maximilian nutzten Musik, um durch schiere Klangpracht zu beeindrucken, sei es in ihrer Residenz oder auf Reisen durch das Reich.

Doch für Maximilian war Musik nicht nur leerer Schein, um Eindruck zu schinden. Die Musiker an seinem Hof hatten viele Funktionen. Trompeter, Schwegler und Trommler waren ein unverzichtbarer Teil des Heeres, hielten das Tempo bei Märschen und übermittelten Befehle im Schlachtgetümmel. Musiker nahmen an den Unterhaltungsveranstaltungen des Hofes teil, von Ritterturnieren und Tänzen bis hin zu Gesangsdarbietungen in den Gemächern von Herrscher und Herrscherin. Die Kapelle war seit der Zeit Karls des Großen Teil des kaiserlichen Hofes. Ihre Mitglieder waren gebildet und des Lesens und Schreibens kundig, was bedeutete, dass sie auch kirchliche Aufgaben wahrnehmen konnten. Die meisten von ihnen waren Geistliche, die neben ihrer Funktion als Hofkapläne auch als Pfarrer, Mitglieder von Stifts- oder Domkapiteln oder sogar als Bischöfe tätig waren. Sie konnten daher als Vermittler zwischen Maximilian und wichtigen kirchlichen Stiftungen fernab des Hofes fungieren. Einige waren auch erfahrene Diplomaten und konnten Maximilians Interessen an anderen Höfen, von Mailand bis Torgau, vertreten. Einige der wenigen Mitglieder der Kapelle, die nicht geweiht waren, waren verheiratet. Die Ehefrau von Maximilians Hofkomponisten Henricus Isaac kümmerte sich wahrscheinlich um die Chorknaben, die Maximilian nach Wien schickte, um in der Schlosskapelle zu singen, und erfüllte damit eine Aufgabe, ohne die der von Maximilian geplante Musikbetrieb nicht so gut hätte funktionieren können, auch wenn sie in den Gehaltslisten nicht vermerkt und damit praktisch unsichtbar ist. Verwandte einiger Mitglieder der Kapelle waren ebenfalls am Hof beschäftigt, oft in administrativen Positionen. Die Kapelle diente somit als Drehscheibe für die Anwerbung talentierter Mitglieder von Familien, die bereits am Hof vertreten waren, und verknüpfte auf diese Weise Netzwerke des Mäzenatentums mit Netzwerken der Verwandtschaft.

In diesem Teilprojekt geht es also um weit mehr als nur um die Untersuchung der Musik, die am Hof aufgeführt wurde, oder um die Identifizierung von Musikquellen, die mit dem Hof Maximilians oder seinem unmittelbaren Umfeld in Verbindung gebracht werden können, obwohl auch dies zu den Zielen gehört. Vielmehr möchte das Projekt, dem prosopographischen Fokus von ManMAX folgend, das musikalische Personal des Hofes in seine sich überschneidenden Rollen und Tätigkeitsbereiche einbetten, um die Musik stärker in den Mittelpunkt der Untersuchung der Regierung Maximilians zu rücken.

Singing Maximilian ist ein Teilprojekt des Sonderforschungsbereichs Managing Maximilian (1493–1519) – Persona, Politics, and Personnel through the Lens of Digital Prosopography (Acronym: ManMAX) unter der Leitung von Andreas Zajic (Geschichte, Österreichische Akademie der Wissenschaften). Weitere Teilprojekte an der Universität Wien werden von Elisabeth Klecker (Neulatein), Christina Lutter (Geschichte und Gender Studies), Stephan Müller (Germanistik) geleitet; weitere Teilprojektleiter an anderen Institutionen sind: Christoph Metzger (Albertina Wien), Stefan Krause (Kunsthistorisches Museum, Rüstkammer), Georg Vogeler (Universität Graz, Digital Humanities).