Von der Bildlichkeit der Musik
Sich-zeigende Leiblichkeit: Gedanken zum iconic turn und der Musik
Matteo Nanni (Basel)
Ringvorlesung Musik Kultur Wissenschaft II am Mittwoch, den 13. Juni 2012
Innerhalb eines bildkritischen Diskurses steht die Erforschung musikalischer Sachverhalte vor dem Problem, dass Bild und Klang, Sichtbares und Hörbares durch eine tiefe mediale Kluft voneinander getrennt sind. Adornos dialektische Wendung, musikalische Kunstwerke seien Bilder ohne Abgebildetes, und Nietzsches Gegenüberstellung der visuellen Kunst des Bildes und der unbildlichen Kunst der Musik geben jedoch den Anstoß dazu, Musik tout court als Bildkritik zu verstehen. So ergibt sich aus diesen theoretischen Perspektiven die Möglichkeit, die ikonische Valenz von Musik neu zu überdenken. Denn das Bildhafte nimmt in der Musik eine unerwartete Rolle ein: Entspringen einerseits musikalische Werke der Imagination des Komponisten, so sehen sich andererseits die Rezipienten mit einer regelrechten Bilderflut konfrontiert, hat Musik stets mit Körper, Raum und Gestik zu tun, so erfährt sie in Form von Notation eine eigentümliche Verschriftlichung und Visualisierung. Die Bilderlosigkeit und die Bild-Entzogenheit der Musik auf der einen Seite, ihre Körperlichkeit, ihre imaginative Kraft sowie ihre Visualisierung im Notentext auf der anderen Seite machen aus der Musik ein Phänomen, das auch bildtheoretisch diskutiert werden soll.
Literaturempfehlung
Theodor W. Adorno, "Über das gegenwärtige Verhältnis von Musik und Philosophie"