Der ethnologische Blick als Herausforderung für die Musikwissenschaft

Hans Neuhoff (Köln)

Ringvorlesung Musik Kultur Wissenschaft II am Montag, den 7. Mai 2012

Die Krise der Musikwissenschaft wird auf drei Faktoren zurückgeführt: (1) den medienbasierten allgemeinkulturellen und musikkulturellen Wandel, (2) Wandlungen im Wissenschaftssystem, nämlich a) die Erschöpfung der traditionellen Geisteswissenschaften und b) den Aufstieg der Biologie zur Leitwissenschaft des 21. Jahrhunderts, sowie (3) endogene Faktoren und Dynamiken in der Musikwissenschaft selbst (strukturelle Überproduktion, fachpolitische Diversifizierung, latente Theorieschwäche, individueller Kompetenzstress u.a.m.).
Der „ethnologische Blick“ wird als Öffnungspotential vorgestellt, das zu übergreifenden Fragestellungen und Theorieansätzen führen kann. Deren produktive Nutzung (Ordnungsfunktion, Anschlussfähigkeit, Projektdesigns) kann jedoch nicht allein curriculär angeleitet werden, sondern bedarf persönlicher Bildungsprozesse und interdisziplinärer Kooperationsfähigkeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Ansatz und Verfahrensweisen werden an zwei Beispielen erläutert: „Allgemeine Rhythmustheorie“ und „Funktionen von Musik“.

Literaturempfehlungen

Justin London, Hearing in Time. Psychological Aspects of Musical Meter, Oxford 2004

Martin Clayton, "The social and personal functions of music in cross-cultural perspective", in: Hallam, Susan & Ian Cross, Michael Thaut, The Oxford Handbook of Music Psychology, Oxford University Press 2009, 5. 35-44.