Donnerstag, 28. April 2022, 18:30 Hörsaal 1
Der Versus Rex caeli zählt zu den bekanntesten Gesängen der Karolingerzeit. Bekannt ist er heute vor allem als ältestes erhaltenes Beispiel für die frühmittelalterliche Lehre vom Quartorganum: Aufgrund dieses Eintrags als Exempel einer einfachen Mehrstimmigkeitspraxis in der Enchiriadis-Traktatgruppe wurde Rex caeli lange Zeit als liturgische Sequenz verortet. Seit Nancy Phillips und Michel Huglo plausibel gegen diese Kategorisierung argumentierten, wird der Gesang allgemein als Versus akzeptiert. Seine frühe Verwendung ist jedoch nach wie vor unbekannt.
Ausgehend von der Überlieferung der vollständigen Melodie dieses Versus in der Handschrift Bamberg Msc.Var.1 soll anhand einiger text- und musikanalytischer Beobachtungen ein neuer Kontext für die Entstehung und Verwendung des Rex caeli vorgeschlagen werden. Zurückgehend auf die Hypothese des „doppelten Cursus“ von Paul von Winterfeld eröffnen sich dabei neue Perspektiven für die Erforschung frühmittelalterlicher Musik.