Symposiumsbericht

14.02.2022

Eindrücke von einem digitalen Studierendensymposium, durchgeführt Ende Januar 2022

Am 28. und 29. Januar 2022 fand ein von Studierenden der Musikwissenschaft an der Universität Wien organisiertes und durchgeführtes Online-Symposium im Rahmen der beiden Lehrveranstaltungen „Afterparty. Reflexion, Methoden und Analyse einer ethnographischen Forschung bei Festivals in Wien“ und „LIVE und open-air. Festivalisierung, Repräsentation und Politik bei Musik- und Tanzfestivals“ unter der Leitung von Mag. Nora Bammer und Dr. Cornelia Gruber statt. Aus musik-, tanz-, kultur- und sozialwissenschaftlicher Perspektive wurden Fragen zu Festivalorganisation, Kommerzialisierung und Nachhaltigkeit erörtert, Problemfelder rund um Afrikabilder, Cultural Appropriation, Identität und Intersektionalität thematisiert sowie Erlebnis-Dimensionen von Festivals diskutiert. Die Studierenden stellten diese Inhalte in verschiedenen Formaten wie Paper-Präsentationen, Poster, Diskussionsrunden und audiovisuellen Medien vor. Einige der Präsentationen setzten sich insbesondere mit den ethnographischen Forschungsmaterialien der Exkursion zu dem Festival 17. Afrika Tage Wien im Juli/August 2021 auseinander.

Die konkrete Vorbereitung der Veranstaltung erfolgte im Dezember 2021 und Jänner 2022, wobei verschiedene organisatorische Aufgabenbereiche unter mehreren Kleingruppen innerhalb der Lehrveranstaltungen aufgeteilt wurden. Das Symposium, ursprünglich für die Räumlichkeiten des Instituts für Musikwissenschaft der Universität Wien geplant, musste aufgrund der pandemischen Umstände kurzfristig doch auf Online-Formate umgestellt werden. Während die Vorträge der Bachelor- und Masterstudierenden und die daran anschließenden Diskussionen größtenteils über Zoom stattfanden, konnte mit der Plattform Gather Town eine adäquate Alternative gefunden werden, um eine symposiums-ähnliche Atmosphäre zu kreieren. Jede*r der Teilnehmer*innen erstellte sich hierbei einen eigenen Avatar, mit dessen Hilfe er*sie sich durch einen eigens für das Symposium entworfenen digitalen Raum bewegen und mit anderen Personen ins Gespräch kommen konnte. Dadurch konnte die Möglichkeit zum Ideenaustausch und Networking während der Pausen gegeben werden. Des Weiteren besaß Gather Town die Funktion, Poster und andere interaktive und multimediale Tools zu implementieren, die weiterführende Informationen zu den Beiträgen lieferten. Der Gedankenaustausch wurde zusätzlich mit Mentimeter-Umfragen und Aufgabenstellungen in Gather Town angeregt. Schlussendlich konnten somit vielfältige interessante Einblicke und Erkenntnisse über die vorgestellten Forschungsthemen gewonnen werden. 

Im ersten Veranstaltungsblock, betitelt „Festivalorganisation und ihre Auswirkungen“, diskutierten Tatjana Hölzl und Alfred Nussbaumer über Umweltaspekte und Crowd-Management großer Festivals. Patrick Eichler, Nicole Goméz und Cansu Yalçin Ulus stellten sich der Thematik Musiker*innen-kuratierten Festivals und referierten über konzeptuelle, soziale und ästhetische Eigenschaften einer solchen Veranstaltung.  Insbesondere die Bezugnahme zum Communitas-Begriff wurde dabei in der anschließenden Diskussion aufgegriffen.

Als nächstes wurde die „Kommerzialisierung und kulturelle Aneignung“ von Festivals untersucht. Hierbei setzten sich Anna Gerencsér und Mara-Kristin Lutz mit der Dichotomie Underground versus Kommerzialisierung auseinander. Sie gingen der Frage nach, wie Identitätsbildung und Vermarktung von Electronic Dance Music-Festivals vonstattengehen. Christoph Berlinger, Marie Klass und Nadia Thaler thematisierten Problemfelder rund um das Schlagwort Cultural Appropriation und setzten diese in Beziehung mit Zitaten aus Interviews, die im Rahmen der 17. Afrika Tage Wien ethnographisch erhoben wurden. Hervorzuheben ist hier, dass die Präsentation in Form eines inszenierten Streitgesprächs dargeboten wurde, das im Anschluss zu angeregter Diskussion geführt hat. 

Der dritte Block behandelte „Diversität und soziale Prozesse“ rund um Festivals. Lili Duncan, Christoph Krasnik und Theresa Kronsteiner untersuchten Musikfestivals unter dem Aspekt der sozialen Auswirkungen von Festivals. Anna Dornstädter und Nadia Thaler berichteten über Safe Spaces, die im Rahmen von Festivals angeboten werden und diskutierten über Cis-Mainstream und intersektionale Diskriminierung. Hierbei sorgte eine in den Vortrag implementierte Live-Umfrage für interaktive Einbindung der Zuhörenden.

In der virtuellen „Poster-Session“ blickten Anna Gerencsér und Jelizaveta Vovka mit einem Beitrag über die Performerin Asna bei den 17. Afrika Tagen Wien kritisch auf Weltmusik-Festivals und Postkolonialismus jenseits der Wissenschaft. Mithilfe des Präsentationstools Prezi konnten dabei Video-Elemente in die Session eingebaut werden. Vorstellungen über afrikanische Musik und afrikanischen Tanz bei den Afrika Tagen beleuchteten Patrick Eichler, Cansu Yalçin Ulus und Alexander Weninger in ihrem Poster.

Der letzte Veranstaltungsblock behandelte das Forschungsfeld rund um „Identität und Interaktion“. Karoline Hochstöger und Cecilie Kamelreiter referierten über das emotional-körperliche Erleben von Musikfestivals im Beziehungsgeflecht einer kollektiven Identitätskonstruktion und untersuchten auf Basis soziologischer Theorien praktische Beispiele des Embodiments auf Musikfestivals. Im finalen Beitrag von Anna Dornstädter und Alfred Nussbaumer wurden die Teilnehmenden eingeladen, über eigene Aktivitäten beim Besuch von Festivals sowie zu Videoausschnitten der 17. Afrika Tage Wien zu reflektieren.

Resümierend war die Organisation und Durchführung dieses Symposiums für viele Studierende eine Bereicherung in mehrerlei Hinsicht. Nicht nur wissenschaftliche und koordinatorische Fähigkeiten konnten trainiert werden, für einen Großteil der Mitwirkenden war es der erste Besuch einer wissenschaftlichen Tagung überhaupt. So haben die Studierenden einen lehrreichen Einblick in einen Bereich der akademischen Welt erwerben können, der üblicherweise fortgeschritteneren Wissenschaftler*innen vorbehalten ist. Besonders erfreulich ist zudem, dass die Veranstaltung trotz der pandemischen Einschränkungen in einer abwechslungsreichen und durchaus unterhaltsamen und kurzweiligen Art und Weise realisiert werden konnte. Dem engagierten Einsatz aller an der Organisation beteiligten Personen ist es zu verdanken, dass ein informatives, professionelles Symposium gestaltet werden konnte, an dem auch andere Institutsangehörige sowie einige externe geladene Personen als Zuhörer*innen teilnehmen konnten. Die Studierenden blicken auf ein aufschlussreiches Wochenende zurück, das neben der Thematisierung vielfältiger aktueller Forschungs- und Problemfelder innerhalb der Ethnomusikologie sicherlich eine gewinnbringende Präparation für potentielle künftige Symposien dargestellt hat.

Verfasst von Christoph Berlinger, Anna Dornstädter, Karoline Hochstöger und Alfred Nussbaumer.
Wien, 08. Februar 2022.

 

Anmerkungen: 

In den für das Symposium eingerichteten Gather Town-Räumen des Instituts für Musikwissenschaft der Universität Wien, für deren Bereitstellung nochmals ein expliziter Dank an Marik Roos, BA MA, ergeht, bleiben die Ergebnisse und Materialien der Vortragenden bis auf Weiteres für Interessierte verfügbar: https://gather.town/app/jf5zn0VHubaSKbTb/Hof9

Das Programmheft zum Nachlesen finden Sie hier.