Vortrag: Richard Wallaschek Revisited. Der ethnomusikologische Alteritätsdiskurs als Beitrag zur Musikgeschichte der Moderne
Gregor KOKORZ, Graz
Ausgehend von der Figur des Wiener Ästhetikers, Psychologen und Ethnomusikologen Richard Wallaschek widmet sich der Vortrag der Frage, wie weit im Sinne eines erweiterten Verständnisses von Musikgeschichte die Wissenschaftsgeschichte der eigenen Disziplin, verstanden als eine kulturwissenschaftliche Wissenschaftsgeschichte, einen Beitrag zum Verständnis von Musikgeschichte, im konkreten Fall einen Beitrag zum Musikverständnis der Moderne, zu entwickeln vermag. Verknüpft durch eine multiple Alteritätserfahrung und Fortschrittsproblematik, die im wissenschaftlichen Forschungsobjekt ebenso zu Tage tritt, wie im unmittelbaren eigenen musikalischen Erfahrungshorizont, erweisen sich musikologisches Forschungsobjekt und eigene Lebenserfahrung als auf komplexe Weise ineinander verschränkte Bereiche, wobei die Fragestellung des Hörens und der Hörbarkeit als gemeinsames zentrales Problemfeld ins Zentrum rückt: Hier in der Frage von Skalen und Intervallen, wie in einem zunehmend ins Wanken geratenen evolutionistischen Fortschrittsmodells, da in den neuen kompositorischen Klangwelten, die den eben noch propagierten musikalischen Fortschritt zum Pandemonium werden lassen.
In einem solcherart evozierten Diskurs über veränderte Hörerfahrungen der Moderne ergeben sich Fragen nach der soziokulturellen Kontextualisierung von Wissenschaft und Forschung ebenso, wie jene nach den Perspektiven eines musikwissenschaftlichen Wissenschaftsverständnisses im Schnittpunkt und wechselseitigen Austausch von historischer, systematischer und ethnomusikologischer Forschung, und nicht zuletzt jene nach den Möglichkeiten eines daraus zu gewinnenden vielschichtigeren Bildes von Musikgeschichte jenseits einer ausschließlich auf das musikalische Kunstwerk hin zentrierten Musikgeschichtsschreibung.